In diesem Band steht das Beobachten als didaktische Aufgabe im Mittelpunkt. Im Unterschied zu einer Diagnose, die der separierten Überprüfung von Erwartungen dient, zeichnet sich das erschließende Beobachten dadurch aus, dass es als Lernsituation angelegt ist: Auch in der Beobachtungssituation können Schüler und Schülerinnen Neues lernen. Beobachtende können dadurch nicht nur die spezifischen Zugriffe der Kinder auf Schrift, Schreiben und Sprache(n) rekonstruieren, sondern zugleich Einsicht in individuelles, auch eigensinniges Lernverhalten gewinnen. Die eine zentrale Frage der Beobachtungen in diesem Sammelband ist: Wie können Kinder im Deutschunterricht der Grundschule lernen? Die andere Frage ist, wie Lehrer und Lehrerinnen das in ihrem unterrichtlichen Handeln realisieren können, was sie anhand einer Beobachtung wahrgenommen und (gemeinsam) reflektiert haben. Die Autorinnen und Autoren des Bandes stellen Beobachtungen in vielen Bereichen des Deutschunterrichts dar: Schriftspracherwerb, Schriftsystemerwerb, Texte schreiben, Richtig schreiben, Gespräche führen, Sprache untersuchen, sich mit Texten auseinandersetzen, Mehrsprachigkeit als Ressource. Die Studien sind spezifisch in dem, • welche Frage verfolgt wird - v.a. deutschdidaktische, aber z.B. auch forschungsmethodische Fragen oder Fragen der Lehrkräftebildung • wie die Beobachtung angelegt ist - zwischen Ausschnitt und Überblick, zwischen Mikro- und Makroebene, zwischen teilnehmender Beobachtung und Ton- oder Videoaufnahme mit entstehendem Lernprodukt • wie Beobachtungen formuliert werden - zwischen Präzision und Prägnanz • welche theoretischen Perspektiven die Autoren und Autorinnen bei der Interpretation der Beobachtungen einnehmen - z.B. Phänomenologie, Ethnografie, Linguistik, Gesellschaftstheorie. Diese Vielfalt zu zeigen und anzuerkennen, ist mein Anliegen mit diesem Sammelband - besonders prägnant am Schluss mit unterschiedlichen Perspektiven auf drei ausgewählte Beobachtungen. Die Sammlung ermöglicht, zuvor unbeachtete Phänomene und Zusammenhänge zu entdecken, Irritierendes zu verstehen und sich selbst zu positionieren: Wie will ich als Lehrperson, als Forscher oder Forscherin tätig sein?