Der vorliegende Band eröffnet die Reihe Chinesische Perspektiven: Philosophie, in der wichtige chinesische Werke der Philosophie erstmals einem deutschsprachigen Publikum zugänglich gemacht werden. Er nimmt uns mit auf eine Reise durch die chinesische und europäische Geistesgeschichte, führt uns über den Marktplatz der philosophischen Diskussionen in den Jahrzehnten seit der Öffnung Chinas und bindet uns zurück an das starke und klare klassische Wissen der Antike.
Liu Liqun verfolgt den Ansatz, die Philosophie konsequent zu verwissenschaftlichen. Als Germanist, Semiotiker und Sprachwissenschaftler verfolgt er den konstruktiven Leitgedanken der Klärung philosophischer Begrifflichkeiten durch Monosemierung. Auf Grundlage der Ideen-, Begriffs- und auch Übersetzungsgeschichte der Termini der westlichen Philosophie gelangt Liu so zu faszinierenden Querverbindungen und Perspektiven. Dazu gehören unter anderem:
eine strenge Differenzierung zwischen praktischen Problemen und wissenschaftlichen Fragen;
die Unterteilung der Philosophie in Kern- und Peripherie-Bereiche;
die Dreiteilung des Kerns der Philosophie in Ontologie, Zeichentheorie und Erkenntnistheorie;
die Ontologie als Grundschichtentheorie, die aus Gegenstandswelt, Zeichenwelt, Ideenwelt und Einbildungskraftwelt aufgebaut ist;
die Tatsache, dass die Zeichenwelt größtenteils auf Bezeichnungen beruht und die Prinzipien der Differenzierung und des geringsten Aufwandes ihre Grundprinzipien ausmachen;
der Standpunkt, dass in der Erkenntnistheorie streng zwischen Wahrnehmung und Erkenntnis sowie zwischen Wahrnehmungs- und epistemischen Sub- und Objekten unterschieden werden sollte und dass epistemische Objekte nur Gesetzmäßigkeiten sein können, von denen es wiederum fünf Grundarten gibt.
Geduldig, kundig und klug webt Liu Liqun ein intellektuelles Bild unserer heutigen Welt, aus chinesischen Augen betrachtet, in deutscher Zunge mit chinesischer Mundart.